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Fotodokumentationen

Elitewissenschaftlerin Hannah Monyer stellt Geld über Moral

Philip-Morris-Preisträgerin demonstriert ethisch bedenkliche Naivität

[11.08.2006/pk] Die Neurobiologin Prof. Dr. Hannah Monyer gehört zu den diesjährigen Preisträgern des Philip-Morris-Forschungspreises. Trotz der Bedenken und der Aufforderung zur Ablehnung des Preises, die insbesondere seitens des wissenschaftlichen Nachwuchses laut wurden, mochte sich die Forscherin nicht dazu durchringen, ihren ethischen Standpunkt noch einmal zu überdenken.

In der Siebenbürgischen Zeitung konnte sich die Hirnforscherin anlässlich dieser zweifelhaften Auszeichnung auch über die Protestaktion gegen den Tabakkonzern als Stiftungsträger äußern. Die Gründe für eine Ablehnung derartiger Sponsoringaktionen durch die Tabakindustrie waren ihr bereits in einem Protestschreiben des Netzwerks Rauchfrei Studieren ausführlich dargelegt worden. Dennoch gab sich die Forscherin, die von der Siebenbürgischen Zeitung sogar als "Elitewissenschaftlerin" hochgelobt wird, erschreckend naiv und uninformiert: "Ich habe den Protest natürlich wahrgenommen, habe aber ... kein Problem damit".

Hannah Monyer verstieg sich in ihrer Begründung sogar in einen absurden Vergleich der Tabakindustrie mit der Bundesrepublik Deutschland: "Es ist aber sehr schwierig, in unserer Gesellschaft Forschung zu betreiben und nur mit Geld zu arbeiten, bei dem man bis ins kleinste Detail davon überzeugt ist, dass die Mittel aus einer Quelle kommen, wo man mit allem einverstanden ist. Ich arbeite mit Drittmitteln von großen Pharmaunternehmen. Und die größten Drittmittel kommen von der Bundesrepublik selbst. Ich bin auch nicht mit allen Entscheidungen, die in diesem Land getroffen werden, einverstanden."

Das Absurde an diesen Äußerungen ist nicht nur, dass die Tabakindustrie jährlich für den Tod von Hunderttausenden (von Millionen Kranken durch Rauchen und Passivrauchen ganz zu schweigen) verantwortlich ist, die die Bundesrepublik und ihre Gesellschaft in ihrer Gesamtheit abfedern und finanzieren muss. Das eigentliche Problem sitzt weitaus tiefer, und wird mit dieser flapsigen Äußerung der Professorin nicht einmal ansatzweise berührt. Die Fördermittel, die der Staat bereit stellt, beeinhalten keinerlei weitere Verpflichtungen bezüglich der Tätigkeit und dem Inhalt von Veröffentlichungen der geförderten Forscher und Institutionen.

Philip Morris dagegen sichert sich ein vertragliches Zensurrecht, und kauft sich die Forscher auch gleich für ein Jahr als billige Werbemarionetten. Damit wird auch die Naivität der folgenden Aussage von Frau Prof. Monyer deutlich: "Schließlich glaube ich nicht, dass von Philip Morris Reklame damit gemacht wird für eine Zigarettenwerbung. Das würde ich nicht akzeptieren". Natürlich werden die Philip-Morris-Preisträger nicht für Zigarettenwerbung verheizt. Aber sie werden dazu benutzt, das teer- und nikotinbehaftete Drogenimage dieser mörderischen Industrie aufzupolieren und reinzuwaschen.

Die Tabakkonzerne versuchen mit einem umfangreichen Sponsoring von gemeinnützigen, gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Aktivitäten davon abzulenken, dass sie letztendlich jedes Jahr alleine in Deutschland mehr als hunderttausend Menschenleben auf dem Gewissen haben. Diese Strategie, die bereits seit Jahren als "der dritte Weg der Tabakindustrie" bekannt ist, ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass in Deutschland der Schutz vor dem gesundheitsschädlichen Tabakqualm im Vergleich zu den übrigen EU-Staaten weit hinterherhinkt.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Philip Morris nicht die wissenschaftlichen Leistungen Frau Monyers belohnt, wie diese in ihrer Naivität (oder ist es einfach Zweckoptimismus?) glaubt. Die 25.000 Euro Preisgeld sind eine reine Marketingaufwendung. Die hochtrabenden Formulierungen der Siebenbürgischen Zeitung, Prof. Monyer würde "... (selbst)kritisch Position in gesellschaftspolitischen Fragen ..." beziehen, sind völlig unangebracht, ja geradezu grotesk.

Der gesellschaftliche Widerstand gegen die unmoralische Tabakindustrie wächst, ebenso wie der Widerstand gegen egozentrische Wissenschaftler, die unsere gesellschaftliche Zukunft für ihren eigenen Ruhm auf's Spiel setzen. Der Protest gegen die Philip-Morris-Stiftung hat in diesem Jahr seinen Durchbruch ans Licht der Öffentlichkeit geschafft. Der Widerstand wird in Zukunft auf einer breiteren Basis stehen, denn keine Gesellschaft kann es sich auf Dauer leisten, ihre Killer (hier die Tabakindustrie) auf Dauer zu protegieren.

Mit der Pressemeldung über die diesjährige Preisverleihung gab Philip Morris den Startschuss zur Bewerbung für das nächste Jahr. Den Startschuss haben auch Anti-Tabak-Aktivisten in ganz Deutschland als Aufruf vernommen, allen Wissenschaftlern und allen wissenschaftlichen Institutionen klar zu machen, dass sie sich mit einem Pakt mit der Tabakindustrie nur selbst auf's Abstellgleis manövrieren. Das traurige 25-jährige Jubiläum des Philip-Morris-Forschungspreises wird für die Aktiven der deutschen Tabakprävention ein besonderer Ansporn sein, den unsäglichen "dritten Weg der Tabakindustrie" als Sackgasse enden zu lassen.

Aktiv Rauchfrei, das Netzwerk Rauchfrei Studieren und namhafte Gesundheitsorganisationen verurteilen jegliche Form des Sponsorings durch die Tabakindustrie. Wissenschaftler und Forschungseinrichtungen werden aufgerufen, keine Fördergelder von der Tabakindustrie anzunehmen, und sich nicht für Förderpreise dieser Drogenproduzenten zu bewerben.

Verantwortungsvolle Forscher und Organisationen haben bereits den "Ethikkodex gegen Sponsoring durch die Tabakindustrie" unterzeichnet. All denjenigen, die sich diesem Ethikkodex noch nicht angeschlossen haben, wird dringend empfohlen, dies umgehend nachzuholen. Anderenfalls wird ihre Glaubwürdigkeit und die moralische Integrität völlig verloren gehen. Die Gesellschaft akzeptiert nicht länger, dass Gesundheitsleistungen immer weiter beschnitten werden, während die Drogenindustrie weiterhin wie die Made im Speck leben kann. Sie ist sowohl Hauptverursacher wie auch Hauptprofiteur dieser Misere.


Quellen und weitere Informationen:

Beschwerdeautomat
Anfrage wegen Sponsoring durch die Tabakindustrie (Hochschulen und Forschungseinrichtungen)
Peinliche Werbung mit Philip-Morris-Forschungspreis bitte entfernen
Philip-Morris-Forschungspreis existiert nicht mehr
Aufforderung zur Ablehnung von Ehrungen und Preisen der Tabakindustrie
Anfrage wegen Tabakwerbung in Zeitungen, Zeitschriften etc.
Anfrage wegen Sponsoring durch Tabakindustrie (Verbände und Parteien)
Sponsoring
Ethischer Kodex mit Biss
Sponsoring des ZDF-Sommerfests durch Philip Morris
Junk Art von Philip Morris in der Pinakothek der Moderne
Wissenschaftliche Beratung der Bundesregierung durch Tabaklobbyisten
Philip Morris umwirbt Politik und Medien auf Lobbyparty
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Philip Morris finanzierte weltweit über 230 Forschungsprojekte
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