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Fotodokumentationen

Deutsche Forscher prostituieren sich für die Zigarettenindustrie

Verleihung des Philip-Morris-Forschungspreises

[26.07.2006/pk] Angesichts knapper Budgets ist es für deutsche Professoren nicht immer leicht, die notwendigen Mittel für ihre Forschungstätigkeiten zusammenzukratzen. Dabei ist es natürlich sinnvoll und legitim, Sponsoren für deren Förderung aufzutreiben. Nicht neu ist allerdings die Erkenntnis, dass neben den gesetzlichen auch ethische Grenzen zu respektieren sind, was auch für die Forschung gilt.

Dennoch geraten Wissenschaftler immer wieder in die Schlagzeilen, weil sie sich diesem Grundsatz nicht unterordnen wollen. Aktuelles Beispiel ist die heute stattfindende Verleihung des Philip-Morris-Forschungspreises. Obwohl hinreichend bekannt ist, dass die exorbitanten Gewinne der Tabakindustrie mit dem Leben und der Gesundheit Hunderttausender erkauft sind, bewerben sich renommierte Forscher aktiv um diesen Preis. Für ein bisschen Ruhm, Ehre und einen Scheck von 25.000,- Euro prostituiert sich die wissenschaftliche Elite für die Zigarettenindustrie, die derartige Kleinbeträge aus der Portokasse bestreitet.

In diesem Jahr haben sich vier Vertreter der Forschungselite als Werbeträger für Philip Morris verkauft. Frau Prof. Hannah Monyer, Herr Prof. Joachim Ullrich, Herr Prof. Bernhard Rieger und Herr Prof. Thomas Carell haben sich unter den Teilnehmenden als Preisträger qualifiziert. Offensichtlich sind sie für die Marketingzwecke des Tabakmultis die am besten geeigneten Schachfiguren. Vielleicht könnten ihre Forschungsergebnisse auch schlichtwegs den Interessen des Zigarettenherstellers im Wege stehen, so dass sie auf diesem Wege gut manipulierbar sind.

Für die Preisträger des Philip-Morris-Forschungspreises endet mit dem Tag der Annahme dieses Preises die Freiheit ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit. Sie müssen sich per Unterschrift verpflichten, sich für ein Jahr den Anforderungen der Philip-Morris-Stiftung zu unterwerfen, jegliche Veröffentlichungen mit der Stiftung abzusprechen und in diesem Zeitraum auch persönlich für "weitere Aktivitäten der Philip-Morris-Stiftung" zur Verfügung zu stehen.

Konkret bedeutet das eine Zensur ihrer Veröffentlichungen, die eine Verbreitung jeglicher (für die Tabakindustrie) unbequemer Tatsachen unterbindet. Und wenn Philip Morris eine Forschermarionette als Alibi für eine wissenschaftliche Untermalung braucht, dann müssen die Preisträger bei Fuß stehen. Kein schlechter Deal für Philip Morris, denn eine professionelle Marketingagentur würde sich dafür nicht so billig hergeben.

Mag sein, dass die Naivität der betreffenden Professoren ihren Ursprung in einer gewisse Weltfremdheit findet, die man Forschern in ihrem Elfenbeinturm gerne nachsagt. Der wissenschaftliche Nachwuchs dagegen reagiert auf derartige Vorkommnisse weitaus sensibler und mit einer Portion gesunden Menschenverstandenes. So sehen Studenten das Treiben ihrer wissenschaftlichen Vorbilder mit weitaus kritischerem Blick, gerade im Fall der Tabakindustrie. Denn keine andere Industrie ist weltweit jedes Jahr für derart viele Todesfälle verantwortlich wie die Tabakmultis. Selbst die Rüstungsindustrie kann hier nicht mithalten.

In einem offenen Brief bat das Netzwerk Rauchfrei Studieren alle eingeladen Preisträger dieses Jahres, angesichts der Folgen der Tabakepidemie die Auszeichnung nicht anzunehmen. Tabakprodukte töten und schädigen nicht nur ihre Konsumenten, sondern auch deren Mitmenschen. Durch Gerichtsverfahren in den USA gegen die Tabakindustrie gelangten geheime Dokumente an die Öffentlichkeit, die belegen, dass Philip Morris jahrzehntelang systematisch Forschungsergebnisse zu den Risiken des Passivrauchens unterdrückt, und diese Risiken öffentlich verleugnet hat.

Die Studierenden wiesen die Wissenschaftler in ihrem Schreiben unmissverständlich darauf hin, dass die gesellschaftliche Akzeptanz die wichtigsten Grundlage für das Tabakgeschäft darstellt. Eine Aufklärung über die wahren Fakten und Konsequenzen steht dieser Akzeptanz im Weg. Darum hat Philip Morris den höchstdotierten deutschen Wissenschaftspreis ins Leben gerufen, um Veröffentlichungen und damit die gesellschaftliche Akzeptenz auch weiterhin unter Kontrolle zu halten. Die prämierten Forscher werden zu billigen Werbefiguren und Marionetten der Tabakindustrie degradiert.

In den fortschrittlicheren europäischen Staaten gehört diese Form des Sponsorings aus gutem Grund bereits der Vergangenheit an. So wie in vernünftigen Ländern Politiker und Kirche keinen Dialog mit Firmen pflegen, die mit ihren Produkten jedes Jahr weltweit Millionen Menschen auf dem Gewissen haben. Außer in Deutschland wird dieser Preis - der wohlgemerkt vom weltweit größten und mächtigsten Tabakkonzern stammt - nur noch in Italien vergeben.

Von den bereits frühzeitig angeschriebenen Professoren hatte nur der Münchner Thomas Carell den Anstand, überhaupt zu antworten. Carell zeigte leider nur ein oberflächliches Verständnis für die Problematik, und zitierte im Wesentlichen die stereotypen Ablenkungsmanöver der Tabaklobby, wie Feinstaub von Dieselfahrzeugen, Gefahren des Zigarettenschmuggels usw. Die von Rauchern ausgehende physische und psychische Gewalt ignorierte er in seiner Antwort ebenso, wie seine persönliche Mitwirkung an der weiteren Zerstörung der Gesundheit unserer Bürger, insbesondere Kinder und Atemwegserkrankter, und die mit dem Rauchen in direktem Zusammenhang stehende Ausblutung unseres Gesundheitssystems.

Diese unerträglichen Zustände und die anhaltende Ignoranz der Verantwortlichen haben inzwischen die Toleranzschwelle der Betroffenen überschritten. Zum erstenmal in der Geschichte des Philip-Morris-Forschungspreises, der seit 1983 jährlich verliehen wird, wird der Festakt in der Wappenhalle am alten Flughafen München-Riem von Protestaktionen begleitet, an denen sich Vertreter diverser Organisationen beteiligen.

Neben dem Netzwerk Rauchfrei Studieren als Initiator der Proteste werden die Anti-Tabak-Aktivisten (A-T-A) Deutschland den Preisträgern kritische Frage stellen, um "der deutschen Jugend eine Antwort auf die Frage zu geben, warum sich Wissenschaftler für Serienmörder prostituieren".

Unter dem Motto "Philip-Morris-Mörder-Preis - Die Killer kaufen sich frei" werden Gäste, Besucher und Passanten des Veranstaltungsorts und des benachbarten Messegeländes über die Hintergründe der Philip-Morris-Aktion aufgeklärt.


Quellen und weitere Informationen:

Beschwerdeautomat
Anfrage wegen Sponsoring durch die Tabakindustrie (Hochschulen und Forschungseinrichtungen)
Peinliche Werbung mit Philip-Morris-Forschungspreis bitte entfernen
Philip-Morris-Forschungspreis existiert nicht mehr
Aufforderung zur Ablehnung von Ehrungen und Preisen der Tabakindustrie
Anfrage wegen Tabakwerbung in Zeitungen, Zeitschriften etc.
Anfrage wegen Sponsoring durch Tabakindustrie (Verbände und Parteien)
Tabakindustrie
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