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Fotodokumentationen

Polen und Serbien führen Nichtraucherschutz ein

EU-Initiative für einen rauchfreien Arbeitsplatz auf dem Weg zum Erfolg

[20.11.2010/pk] Mit Polen und Serbien gewähren nun zwei weitere europäische Länder ihren Bürgern einen gewissen Schutz vor gesundheitsschädlichen Tabakqualm. Serbien bereitet sich mit dem Rauchverbot, das am 11. November 2010 in Kraft getreten ist, auf den Beitritt zur Europäischen Union vor. Die Arbeitsplätze des Balkan-Staats sind per Gesetz komplett rauchfrei, allerdings können die Firmen Raucherräume einrichten. Eine entsprechende Regelung war längst überfällig, da bislang nach offiziellen Angaben 45 Prozent der serbischen Bevölkerung am Arbeitsplatz Zigarettenqualm ausgesetzt waren.

Die Regierung in Belgrad hatte bereits 1995 einen Versuch unternommen, die Tabakrauchbelastung am Arbeitsplatz zu reduzieren. Damals war jedoch kein konsequentes Rauchverbot erlassen worden. Es sollte nur niemand rauchen, wenn sich "zumindest ein Nichtraucher gestört fühlt". Wie bereits aus anderen Ländern bekannt, scheiterte diese halbherzige Regelung auch in Serbien am Egoismus der Nikotinsüchtigen.

Um den Nichtraucherschutz diesmal erfolgreicher umzusetzen, sollen nun Strafen ab 50 Euro für Einzelpersonen und bis zu 10.000 Euro für Arbeitgeber für die notwendige Motivation bei den Qualmern sorgen, sich an die neue gesetzliche Regelung zu halten. Das Serbische Parlament ging der vom ihm verabschiedeten Regelung bereits Ende Oktober mit gutem Beispiel voran; das Parlamentspräsidium sprach im Parlamentsgebäude ein absolutes Rauchverbot aus und bat die Raucher für ihre Zigarettenpause vor das Parlamentstor. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums sollen Strafen bereits dann ausgesprochen werden, wenn auch nur eine einzige Kippe auf einem Firmengelände gefunden werde.

Das Rauchverbot gilt in Serbien nun für Büros, öffentliche Gebäude, Schulen und soziale Einrichtungen. Auch im Theater und Kino ist das Qualmen untersagt. In der Gastronomie haben die Nichtraucher jedoch immer noch das Nachsehen, denn in Cafés und Restaurants gilt diese Regelung leider nicht. Dies betrifft insbesondere das Personal, das nicht wie die Gäste einfach zu Hause bleiben kann. Der Kinderschutz wird bei der neuen Gesetzgebung Serbiens ebenfalls völlig außer Acht gelassen, obwohl fast 77 Prozent aller Kinder in Haushalten leben, in denen mindestens eine Person qualmt.

Somit muss die in einigen Medien kolportierte Auffassung, der Balkan-Staat hätte damit eine "äußerst harte" Regelung getroffen, als Irreführung im Interesse der Tabakindustrie bezeichnet werden. Auch die Darstellung Serbiens als "Tabak liebende Rauchernation" geht deutlich an der Realität vorbei. Etwa jeder dritte erwachsene Bürger des Landes zählt zu den Anbetern des Glimmstängels. Damit sind doppelt so viele Menschen Nichtraucher, wobei die Kinder bei dieser Zählweise noch gar nicht berücksichtigt sind. Auch in Serbien hat also bisher offensichtlich eine rauchende Minderheit die nicht rauchende Mehrheit mit ihrer Sucht belästigt und geschädigt. Nebenbei hat sich diese Minderheit der Nikotinfanatiker sogar derart in den Vordergrund gedrängt, dass sie das Bild des gesamten Landes als "Rauchernation" in Mißkredit gebracht hat.

In Polen trat am 15. November 2010 das Rauchverbot in der Öffentlichkeit in Kraft. Polen ist damit der elfte EU-Staat, der den Nichtraucherschutz gesetzlich verankert hat. Dies wird auch als positives Signal für die Initiative der EU-Kommission gewertet, den Schutz vor Zwangsmitrauchen am Arbeitsplatz bis zum Jahr 2012 in allen Mitgliedsstaaten gesetzlich zu verankern.

Das gesetzliche Rauchverbot in der Öffentlichkeit gilt auch in Hotels, Bars und Diskotheken, Restaurants, sowie auf Sport- und Kinderspielplätzen. Nicht nur die öffentlichen Verkehrsmittel wie Züge, Bus und Taxi werden rauchfrei, auch an den Haltestellen, Bahnhöfen und Flughäfen müssen sich die wartenden Passagiere ab sofort nicht mehr durch Tabakrauch belästigen lassen. Das Rauchverbot am Arbeitsplatz umfasst neben den Firmenräumen auch alle Firmenfahrzeuge. Wohnheime und Krankenhäuser sind ebenfalls rauchfrei zu halten.

Die polnische Regelung lässt grundsätzlich Ausnahmen für Gastronomiebetriebe größer als 100 Quadratmeter zu. Dabei müssen jedoch gewissen Auflagen zum Schutz der Mitmenschen vor dem gesundheitsschädlichen Tabakqualm erfüllt werden. Das Rauchen darf nur in abgetrennten Räumlichkeiten gestattet werden, die über eine eigene Lüftung verfügen. Die Trennung dieser Raucherräume muss gewährleisten, dass kein Tabakrauch in andere Räume gelangen kann. Speisen dürfen in den Raucherräumen nicht serviert werden.

Zur Einhaltung des Gesetzes motivieren Strafen von 500 Zloty (zirka 125 Euro) für Einzelpersonen. Arbeitgeber, die keine vorschriftsmäßige Ausschilderung des Rauchverbots vornehmen oder die Vorschriften missachten, können mit bis zu 2.000 Zloty (etwa 500 Euro) belangt werden. Die neue polnische Regelung sieht weiterhin vor, dass Tabakwaren nun nicht mehr online verkauft werden dürfen.

Die Krakow Post fragte sich kurz vor Inkrafttreten der gesetzlichen Einschränkungen des Rauchens in der Öffentlichkeit, ob sich Krakaus Nachtleben nach dem 15. November ändern würde. Diese Frage kann mit einem eindeutigen Ja beantwortet werden, denn nicht nur für viele Atemwegserkrankte begann am 15. November eine neue Ära. Für viele Menschen bedeutet diese Verbesserung der Luftqualität eine neue Lebensqualität. Und sie bedeutet ein Ende der jahrzehntelangen Diskriminierung von Nichtrauchern, die von rücksichtslosen Qualmern ohne jegliche Skrupel ausgeschlossen wurden. Denn auch in Polen äußerte sich die so genannte Toleranz der Raucher meist in der Devise "wenn dir der Rauch nicht passt dann bleib gefälligst zu Hause".


Quellen und weitere Informationen:

Beschwerdeautomat
Gesundheitsgefährdung durch Passivrauchen
Petition und Politikeranschreiben für rauchfreie Krankenhäuser
Internat. Tabakpolitik
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Illegale Werbung: British American Tobacco verurteilt
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Wie die Tabakindustrie die Politik untergräbt, behindert und manipuliert
Wissenschaftler fordern Verbot von Mentholkapsel-Zigaretten
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Seit 2011 keine Subventionen mehr für Tabakanbau in Europa
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Arbeitsplatz
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